29. Mai 2020
Bohnensack, Fototechnik, Objektivtest, Podcast
Zum Canon RF 4.0-6,3 24-240mm IS USM gibt es natürlich auch eine Episode Blogtalk in meinem Podcast:
Canon RF 4,0-6,3/24-240mm IS USM meine Erfahrungen
Canon EOS R mit dem Canon 4.0-6.3/24-240mm IS USM im Einsatz auf dem Novoflex PRO75 + Novoflex Classicball 5 II
Mit dem Canon RF 4,0-6,3/24-240mm IS USM hat Canon ein 10X Zoom für spiegellose Vollformatkameras auf den Markt gebracht mit dem neuen RF Bajonett. Die UVP liegt bei 999 EUR und ich selbst habe es bei AC-Foto für 950 EUR neu gekauft. Das RF 4,0-6,3 24-240mm IS ist somit mein erstes RF Objektiv und mein einziges nicht L-Objektiv von Canon.
Erwartungen:
Mir ist bewusst, dass keiner von euch mit einem Review zu diesem RF Glas von mir rechnen würde. Trotzdem habe ich mir genau dieses Objektiv gekauft, aber warum? Ganz einfach das Objektiv, dass man dabei hat ist in der Regel das Beste. Oft bin ich nur mit Festbrennweiten im Telebereich unterwegs und meine Idee war einfach ein kleines und leichtes 24-240mm Objektiv für alles, was ungeplant vorkommen könnte und ggf. als leichtes Zoom für die Berge.
Technische Daten:
Das Canon RF 4,0-6,3 24-240mm IS USM ist relativ leicht mit 750Gramm und sehr kompakt gebaut. Der Filterdurchmesser beträgt 72mm. Was die Lichtstärke angeht ergab sich beim Testen folgendes:
24-26mm = f/4.0
27-43mm = f/4.5
44-69mm = f/5.0
70-104mm = f/5.6
105-240mm = f/6.3
Ich würde es entsprechend durchaus als Dunkelzoom bezeichnen. Das Canon RF 24-240mm IS hat eine Naheinstellgrenze von 0,5m, was einen maximalen Abbildungsmaßstab von 1:3,9 ergibt, was bedeutet man kann in den Makrobereich mit diesem Objektiv vordringen.
Auspacken und erster Eindruck:
Das Canon RF 24-240mm ist grundsätzlich gut verarbeitet, es macht einen hochwertigen Eindruck. Beim Zoomen fährt der Tubus weit aus. Am Tubus befinden sich drei Tasten: 1) AF/MF; 2) Lock; 3) Focus/Control. Gerade letztere Taste ist für viele EF Nutzer neu, hier könnt Ihr die Funktion des Rings umstellen, also ob Ihr den Fokusring als Fokusring oder als Controlring nutzen wollt. Letzteres bedeutet, dass Ihr den Ring mit einer Funktion belegen könnt. Was mich ein wenig verärgert ist, dass zum Lieferumgang keine Streulichtblende gehört, bei einem 1000€ Objektiv würde ich das erwarten. Ich weiß, das ist Canons Produktstrategie, nur L-Linsen bekommen eine gratis Streulichtblende, ich finde bei dem Preis sollte das Stück Plastik aber drin sein. Für mich passt also der erste Eindruck, auch, wenn es kein L ist, ist es gut verarbeitet.
Optische Qualität:
Die optische Qualität ist bei Offenblende in der Bildmitte in Ordnung und fällt zum Rand hin ab. Getestet wurde an der Canon EOS R. Abblenden um eine Blendenstufe steigert die Schärfe spürbar, gerade im Randbereich, da dann auch die Vignettierung deutlich abnimmt. Das RF 24-240mm neigt zu chromatischen Aberrationen, diese halten sich aber für ein solches Superzoom in erträglichen Grenzen. Kann man ein RF 24-240mm nun einsetzen als Profifotograf oder nicht? Steigen wir ein wenig tiefer in die optische Qualität ein.
Ich vergleiche in meinem persönlichen Test das Canon RF 4.0-6.3/24-240mm IS mit dem Canon EF 2,8 24-70mm L II und dem Canon EF 4,5-5,6 100-400mm L IS II. Mir ist bewusst, das ist ein absolut unfairer Vergleich, da die beiden Objektive zusammen das 4-fache kosten und wiegen. Ein fairerer Vergleich wäre vermutlich das Canon EF 28-300mm L IS, das ich leider nicht besitze. Natürlich sollten die L-Objektive eine durchweg bessere Performance liefern, die Frage ist nur wie groß ist der Unterschied. Ich habe hierzu einfach ein größeres Gebäude fotografiert, alles mit Blende 8 um zu sehen wie groß die optischen Unterschiede sind. GANZ wichtig, der Vergleich basiert auf Blende 8, da ich das 24-240mm bewusst als leichtes Objektiv für die Landschaftsfotografie einsetzen will und ich mich hier zwischen Blende 8 und 11 in der Praxis bewegen werde. (Die Offenblende brauche ich für Landschaften eigentlich nicht.)
Bei 24mm ist das 24-70mm L II optisch deutlich überlegen. Gerade bei 24mm ist das 24-240mm wirklich nur ok, da die Bildecken extrem stark Vignettierung und quasi schwarz werden. Hier MUSS die Objektivkorrektur in der RAWkonvertierung angewendet werden, ansonsten kann man die Qualität vergessen. Das Interessante ist, wendet man die Objektivkorrektur an, kann sich das Ergebnis durchaus sehen lassen. Natürlich ist das EF 24-70mm L II besser, zeigt weniger CAs und mehr Details, aber man kann mit dem Ergebnis des RF 24-240mm durchaus leben.
Aufnahme bei 24mm ohne Objektivkorrektur.
Bildmitte
Bildecken
Bei 35mm ist das RF 24-240mm bereits deutlich besser (vermutlich auch schon bei 28-30mm ohne es getestet zu haben). Hier fällt der Unterschied zum 24-70mm L II deutlich geringer aus. In der Bildmitte sind die Objektive nahe beieinander, zum Bildrand hin ist die Qualität des 24-240mm in Ordnung, nur die CAs fallen ohne Korrekturprofil negativ auf.
Bildmitte
Bildecken
Bei 70mm ist das RF 24-240mm mit eingeschalteter Objektivkorrektur etwa gleichauf mit dem L Objektiv. Ohne die Objektivkorrektur sieht man jedoch die starken Chromatischen Aberrationen.
Bildmitte
Bei 100mm (ich habe bei 105mm getestet) fangen wir an mit dem Canon 100-400mm L IS II zu vergleichen. Hier ist das 24-240mm in der Bildmitte wirklich noch gut, fast auf Augenhöhe mit dem 100-400mm L IS II. Zum Rand hin ist das L deutlich besser, aber das 24-240mm kämpft tapfer und ist wirklich ganz gut.
Bildmitte
Bildecken
Bei 240mm ist das 24-240mm in der Bildmitte ok bis gut. Das 100-400mm ist hier merklich schärfer. Zum Rand hin ist das 24-240mm in allen Belangen deutlich unterlegen (CAs, Details, Schärfe).
Bildmitte
Bildecken
Betrachtet man nur den Bereich 28-200mm ist das RF 24-240mm wirklich ganz gut, in den maximalen Zoombereichen performed es nicht ganz so gut.
Objektivkorrekturen:
Es ist wirklich verrückt, das Canon RF 4-6,3/24-240mm IS USM ist ein Objektiv das auf Korrekturen ausgelegt ist. Wenn wir die Kamerainternen Korrekturen einsetzen ist es was CAs und Schärfe angeht deutlich besser als ohne. Während hochwertige Objektive durch die Korrekturen kaum gewinnen, ist der Unterschied beim 24-240mm so groß, das ich diese immer einsetzen würde, was ich sonst bei keinem einzigen meiner Objektive empfehlen würde.
Übrigens kann man mit dem Canon RF 24-240mm keine Mehrfachbelichtungen oder Doppelbelichtungen machen. Ich vermute, dass es an den durchgeführten Objektivkorrekturen liegt.
AF und IS:
Der AF greift ordentlich zu, durch die Tatsache, dass es ein RF Objektiv ist findet es auch immer den passenden Fokus. An schnellen Motiven habe ich es nicht getestet, da ich es als Linse mit einer Blende von 8,0 auch nicht dafür vorgesehen habe. Beim IS muss ich sagen super Bildstabilisatator, genauso, wie man es erwartet. Leise und sehr zuverlässig, hier gibt es keine Überraschungen.
Streulichtverhalten und Sonnenstern:
Da ich gerne ins Gegenlicht fokussiere ist dieser Punkt für mich nicht unerheblich. Ich muss sagen der Sonnenstern des RF 24-240mm ist für die Preisklasse super und auch mit dem Streulichtverhalten kann man sehr gut leben, es kommt fast nicht zu störenden Lensflares. Hier ist das Canon 24-240mm durchweg ordentlich, wenn wir den Brennweitenbereich mit einbeziehen sogar richtig stark.
Frühlingswald, der Sonnenstern bei 24mm kann sich wirklich sehen lassen.
Canon EOS R + Canon RF 24-240mm IS USM + Novoflex Triopod + Novoflex Classicball 3 II + Novoflex Panorama Q
Fazit:
Das Fazit ist nicht so einfach, für mich als Qualitätsfetischisten ist das Canon 4,0-6,3 24-240mm schlicht nicht befriedigend, gerade ohne Objektivkorrekturen. Für meinen klassischen Workflow würde ich dieses Objektiv nicht in Betracht ziehen.
Bewerten wir das Objektiv anhand des Zoombereichs, der kleinen und leichten Bauart und der Möglichkeiten der Objektivkorrektur muss man sagen, es ist wirklich gut brauchbar. Dank moderner Objektivkorrekturen kann man das Canon RF 4.0-6.3 24-240mm IS wirklich gut einsetzen und ich würde sagen es ist sogar das beste Superzoom am Markt. Natürlich bringen meine hochwertigen Objektive eine bessere Performance, aber wenn ich nur Platz für dieses Zoom habe, kann ich damit wirklich brauchbare Aufnahmen liefern. Im Verhältnis zum Preis und dem Zoombereich ist es wirklich eine starke Leistung, ob es zu eurem Workflow passt, müsst Ihr nun entscheiden.
Noch ein kleiner Brennweitenvergleich:
Sollten in diesem Podcast oder den Shownotes irgendwelche Marken genannt, verlinkt oder erkennbar sein, so handelt es sich um Werbung, unabhängig davon, ob dafür eine Gegenleistung erfolgt oder nicht.