Bohnensack Podcast

10. Mai 2019

Canon 2.8 400mm L IS II vs. Canon 2.8 400mm L IS III

Fototechnik, Frühling, Objektivtest, Stativtest

Testtage, die Nachbarn fragen sich wohl, was ich da mache.

 

Eigentlich wollte ich hierzu noch nicht berichten, aber da ich aktuell extrem viele Anfragen zum neuen Canon 2.8 400mm L IS III habe, will ich ein wenig dazu erzählen. Nehmt das ganze bitte als einen Vergleich zwischen Canon 2,8 400mm L IS Version II und Version III, sowie meine ersten Erfahrungen. Ich werde in einem halben Jahr nochmals bloggen, dann mit viel mehr Erfahrungen mit dem neuen Canon 2.8 400mm L IS III.

 

Der innere Kampf:

Mir persönlich ist natürlich viel daran gelegen, dass meine Version II besser ist als die Version III, denn das wäre der preiswertere Fall für mich.

Zudem muss ich erwähnen, dass ich sehr voreingenommen gegenüber der Version III bin. Dies liegt darin begründet, dass ich einen Bekannten habe, der bis jetzt noch nicht begeistert ist von der Version III und seinem Version II 400er hinterhertrauert. Zudem sagt die MTF Kurve von Canon, dass das neue 400er in der Version III optisch nicht besser sein wird als das Alte. Das heißt ich bin von vorne herein stärker beeinflusst worden als sonst und ich muss jetzt selbst entscheiden, ob ich bei meiner Version II bleiben möchte oder ob ich mir doch die Version III kaufen werde. Entsprechend genau habe ich mir das Canon 2,8 400mm L IS III angeschaut.

Von der Größe her sind die beiden 400er fast identisch. Link Verison III, rechts Version II.

 

 

Vorab:

Seit 2012 setze ich das Canon 2.8 400mm L IS II ein und es ist mit Abstand mein meist benutztes Objektiv. Ich habe es lieben gelernt und es ist für mich der Inbegriff der Perfektion. Nun kommt das Canon 2,8 400mm L IS III und verspricht mir für etwa 3000€ Aufpreis abzuspecken. Von 3850 Gramm auf 2840 Gramm. Also ziemlich genau 1 kg wurde abgenommen. Ich bekomme also weniger Gewicht für mein Geld. Dies wurde durch eine komplett neue Objektivkonstruktion ermöglicht, bei der ein Großteil der optischen Linsen in Richtung Bajonett verschoben wurde. Entsprechend kleiner konnten die Linsen werden und Canon konnte diese Gewichtsreduzierung erreichen. Auf den Nachteil dieser neuen Anordnung komme ich später zu sprechen.

Das neue Canon 2.8 400mm L IS III ist mit 12.999€ Neupreis alles andere als günstig. Betrachten wir die letzten Neupreise des Canon 2.8 400mm L IS II, so konnte man es mit viel Glück zwischen 9500 und 10.000€ bekommen. Der Aufpreis am Ende der Produktlaufzeit liegt also bei ca. 3000€

 

Auspacken und erster Eindruck:

Zunächst fällt auf, es gibt einen neuen Koffer. Statt dem alten Hartschalenkoffer gibt es jetzt eine weiche Objektivtasche. Leider passt hier kein Zubehör oder Kamera hinein, weshalb die Objektivtasche, genauso wie früher die Objektivkoffer einfach einen Platz im Keller verdient hat. Öffnen wir nun die Objektivtasche und greifen wir hinein.

Der erste Eindruck ist einfach genial. Canon hat das 2.8 400mm L IS III einfach unglaublich leicht gemacht. Dieses 1KG macht wirklich verdammt viel aus. Zudem ist der Schwerpunkt deutlich zur Kamera gerückt, was es noch wirken lässt und das Handling freihand einfach viel, viel besser macht. Stellt euch vor, selbst das Canon 4,0 400mm DO IS II ist nur noch 1kg leichter als das 2.8 400mm L IS III. Für die Leute aus den anderen Kameralagern, ein Sigma 2,8 120-300mm OS Sports wiegt 500 Gramm mehr als ein 2.8 400er Canon. Oder anders ausgedrückt, das Sigma 5.0-6,3 150-600mm OS Sports ist schwerer als ein Canon 2.8 400mm L IS III, das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Ein 150-600er wiegt mehr als ein 2,8 400er. Machen wir an diesem Punkt einen Hacken mit dem Vermerk, das Gewicht ist absolut genial und zum Verlieben.

Hier die Verdeutlichung Canons zur neuen Objektivkonstruktion.

 

 

Die Verarbeitung ist eigentlich identisch zum Canon 2.8 400mm L IS II. Die Stativschelle ist ein wenig anders gepolstert, das Design ist etwas anders, aber ansonsten gibt es hier kaum Unterschiede, es wirkt alles sehr vertraut. Eine Sache fällt mir jedoch immer wieder auf, die Streulichtblende ist ein wenig anders konstruiert und verkantet gefühlt leichter als bei der Version II.

 

Handling MF:

Eine der größten Neuerungen neben dem Gewicht, das übrigens, ich weiß nicht ob ich es erwähnt habe, besonders geil ist, ist der manuelle Fokus. Canon geht hierbei einen Schritt back to the Roots. Wer von euch bereits mit dem Canon Supertele der ersten Version (ohne Bildstabilisator) gearbeitet hat, wird es kennen. Canon hat den MF an einen Motor gekoppelt, der den manuellen Fokus antreibt. Das bedeutet, Ihr könnt den Fokus nur dann bewegen, wenn die Kamera eingeschaltet ist und das Objektiv mit Strom versorgt. Die MF-Genauigkeit könnt Ihr hierbei in drei Stufen einstellen.

Für mich ist hierbei eine Hass-Liebe entstanden, denn diese Technik bringt Vor- und Nachteile mit sich.

Der Nachteil ist vor allem der, dass ich nur noch fokussieren kann, wenn ich den Auslöser antippe und das Objektiv mit Strom versorgt wird. Vom Stativ oder Freihand ist das kein Problem, bei sehr kreativen Posen auf dem Bohnensack kann es teilweise sehr schwer sein Auslöser anzutippen und gleichzeitig den Fokusring anzufassen.

Die Vorteile sind aber gigantisch. Ich kann einstellen wie feinfühlig der MF ist (in drei Stufen). Wer einmal Liveview mit 10x Lupe anschaltet und das alte mit dem neuen vergleicht, wird sich freuen, wie unglaublich präzise man scharfstellen kann. Tatsächlich gibt es einen zweiten großen Vorteil beim Fotografieren vom Bohnensack, sobald Ihr die Stromzufuhr unterbrecht (Auslöser nicht mehr berührt) könnt Ihr das Objektiv vom Querformat ins Hochformat drehen, ohne dass sich der Fokus komplett verstellt. Das ist nämlich bei den alten Superteles immer passiert, da das Objektiv schlichtweg auf dem MF Ring auf dem Bohnensack aufliegt.

Insgesamt überwiegen für mich die positiven Aspekte, ich muss mich im Handling aber tatsächlich noch gewöhnen.

 

AF und IS:

Der AF ist noch schneller und präziser geworden. Gleichzeitig ist der AF deutlich schneller mit dem Canon 2X Extender III geworden. Hier warte ich persönlich noch auf meine Langzeiterfahrungen und werde berichten. Gleichzeitig ist der Bildstabilisator nochmals besser geworden. Ich hab an einer Canon EOS 5DSR teilweise 1/25-1/40sek freihand scharf aufnehmen können. Das ist mit dem Canon 2.8 400mm L IS II nicht möglich gewesen.

Den größten Sprung hat das Canon 2.8 400mm L IS III allerdings beim Live AF gemacht. Im Liveview liegen Welten zwischen dem alten und dem neuen Canon 2,8 400er. Das neue 2.8 400mm L IS III ist mit Abstand das schnellste und treffsicherste Objektiv das ich je im LiveView verwendet habe. Selbst im Nahbereich fokussiert es so viel präziser und schneller als jedes meiner Makroobjektive. Hier bin ich wirklich begeistert und freue mich schon auf die erste professionelle EOS R, denn hier wird die Version III mit Sicherheit riesen Vorteile zur Version II haben, da die EOS R ja immer im auf diese Fokusmethode zurückgreift.

 

Schärfe, Kontrast und Chromatische Abberationen:

Die Frage aller Fragen, ist das neue 400er denn genau so scharf wie das alte 400er? Oder gar schärfer? Und die Antwortet lautet jein, also ja und nein.

Ihr werdet mich jetzt für komplett bescheuert halten, aber die Schärfe ist anders. Bereits beim Update auf die Version II habe ich berichtet, dass die Detailzeichnung sich verbessert hatte im Vergleich zu den Teles der IS Version I.

Mit dem Update von des Canon 2,8 400mm L IS Version II zur Version III ist es aber noch viel komplizierter geworden, ich möchte es wie folgt beschreiben:

Die Bilder sind deutlich kontrastreicher und haben weniger chromatische Abberationen. Gleichzeitig empfinde ich die Bilder teilweise als unschärfer aber detailreicher. Die Microkontraste sind einfach schöner geworden und ich glaube, dass das für die Bildbearbeitung positive Auswirkungen hat.

So jetzt ist es raus, der Jakubowski hat einen Knick in der Optik. Ich habe zahllose Vergleichsbilder gemacht zwischen Canon 2.8 400mm L IS II und Canon 2.8 400mm L IS III und bei der Betrachtung an einem Eizo 4K Monitor, hat mir die 100% Ansicht der Canon EOS 5DSR (mit über 50 Mpix) nicht gereicht um die Unterschiede richtig zu erkennen und die Bilder immer zielgenau zuordnen zu können. Ich habe tatsächlich bei 200-400% Vergleichen müssen um zu dem oberen Fazit zu gelangen.

 

Mein Gefühl ist wie folgt:

Im Nahbereich ist die Version III einfach besser als die Version II. Ab einem Arbeitsabstand von 5m gewinnt das Canon 2.8 400mm L IS II an Boden und performed sehr ähnlich wie das 400er der Version III. Bei 30m Abstand sehe ich eigentlich keine Unterschiede. Ich habe sehr präzise gearbeitet, mit großem Novoflex Pro 75 Stativ, Kabelauslöser und LiveView.

Hitzeflimmern, Luftbewegung und Wind hatten wesentlich mehr Einfluss auf die Bildqualität als letztendlich die Version des Objektives.

Mit Canon 2X Extender III harmoniert das neue Canon 2,8 400mm L IS III ebenso sehr gut.

Aber Urteilt selbst, ladet einfach die Dateien in voller Auflösung runter, die ganzen Vergleichbilder sind alles 100% Crops, immer bei Offenblende, immer gleich entwickelt (Standardeinstellungen Acobe Photoshop CC) und immer das schärfste Bild aus der Serie von Fotos. Ich bin beim Testen verrückt geworden, da ich keinen klaren Favoriten finden konnte bis zum Schluss was die optische Leistung angeht. Am Ende wusste ich oft nicht mehr welches Bild von welchem Objektiv war.


Canon EF 2,8 400mm L IS II vs. 2,8 400mm L IS III in der Bildmitte. (Offenblende, Stativ, 100% Crop EOS 5DSR)


Canon EF 2,8 400mm L IS II vs. 2,8 400mm L IS III am Bildrand. (Offenblende, Stativ, 100% Crop EOS 5DSR)


Canon EF 2,8 400mm L IS II vs. 2,8 400mm L IS III + Canon 2x Extender III in der Bildmitte. (Offenblende, Stativ, 100% Crop EOS 5DSR)


Canon EF 2,8 400mm L IS II vs. 2,8 400mm L IS III + Canon 2x Extender III am Bildrand. (Offenblende, Stativ, 100% Crop EOS 5DSR)


Canon EF 2,8 400mm L IS II vs. 2,8 400mm L IS III + Canon 2x Extender III in der Bildmitte auf größere Entfernung. (Offenblende, Stativ, 100% Crop EOS 5DSR)

 

 

Die neue Konstruktion und deren Nachteil:

Wie bereits oben angekündigt hat die neue Anordnung der Linsengruppen auch Nachteile und zwar im Nahbereich. Ganz so schlimm wie im Vergleich zu den Zoomobjektiven ist es zwar nicht, aber es gibt hier schon deutliche Unterschiede. Betrachten wir uns das Datenblatt wird uns natürlich alles klar. Beim Canon 2.8 400mm L IS III wird bei einem Arbeitsabstand von 2,5m ein maximaler Abbildungsmaßstab von 1:5.88 erreicht. Beim Canon 2.8 400mm L IS II wird bei einem Arbeitsabstand von 2,7m ebenso ein maximaler Abbildungsmaßstab von 1:5.88 erreicht. Also gleicher Abbildungsmaßstab bei 20cm weniger Motivabstand? Da kann doch was nicht stimmen?

Ganz genau. Brennweite wird auf annähernd Unendlich gemessen und vom Hersteller angegeben. Im Nahbereich könnt Ihr die Brennweite berechnen. Durch die neue Konstruktion schrumpft die Brennweite von 335,3mm (Version II bei 2.7m Arbeitsabstand) auf 310,47mm (Version III bei 2.5m Arbeitsabstand) um ca. 25mm. (Vergessen solltet Ihr hierbei nicht, dass sich der Arbeitsabstand um 20cm unterscheidet, das heißt bei 2.7m Arbeitsabstand, nimmt die Brennweite der Version III nochmals leicht zu, sodass der Brennweitenunterschied bei gleichem Arbeitsabstand nicht ganz so groß ist.) Tatsächlich ist das nicht ganz soooo tragisch, erwähnen sollte ich es dennoch. Hier ein konkreter Bildvergleich.

Interessant, wie oben beschrieben, ich habe im Nahbereich mit dem neuen 400er immer schärfere Bilder als mit dem Alten.

 


Hier seht Ihr bei gleichem Arbeitsabstand von 2,7m den Brennweitenunterschied. Gleichzeitig sieht man, dass die Schärfe im Nahbereich bei der Version III der Version II überlegen ist.

 

 

Fazit:

Auch, wenn sich dieser Text durchwachsen liest so hat Canon extrem viel richtig gemacht. Das Handling des Canon 2.8 400mm L IS III hat sich extrem verbessert. Zudem ist AF und IS besser geworden. Gerade in Hinblick auf die spiegellosen Kameras wird das noch eine wichtige Rolle spielen in den kommenden Jahren. Optisch bewegen wir uns hier auf top Niveau und gerade mit 2X Extender sind wir den 2.8 400ern von anderen Kameraherstellern weit überlegen. Ich für mich wage den Umstieg und freue mich darauf künftig noch besser freihand fotografieren zu können, noch weniger Gewicht tragen zu müssen und auf eine noch besseren AF und IS zurückgreifen zu können.

Ich freue mich schon darauf, im Herbst erneut zu berichten, dann deutlich stärker praxisorientiert und mit weniger Vergleichsbildern. Übrigens kann man auch was anderes als Nummernschilder mit dem Canon 2.8 400mm L IS III fotografieren.

 

 

Uferschnepfe inkl 100% Ausschnitt (Canon EOS 1DX II)
Canon EOS 1DX II + Canon 2,8 400mm L IS III + Novoflex PRO75 + Novoflex Classicball 5 II 
+ Novoflex Q-Base II

 

Auch bei starkem Gegenlicht arbeitet das Canon 2,8 400mm L IS III sehr sauber.
Canon EOS 1DX II + Canon 2,8 400mm L IS III + Novoflex PRO75 + Novoflex Classicball 5 II 
+ Novoflex Q-Base II

Closeup vom Bären mit wunderbaren Details.
Canon EOS 1DX II + Canon 2,8 400mm L IS III + Novoflex PRO75 + Novoflex Classicball 5 II 
+ Novoflex Q-Base II

 

Das Bokeh im Nahbereich ist ebenfalls einwandfrei.
Canon EOS 1DX II + Canon 2,8 400mm L IS III + Novoflex PRO75 + Novoflex Classicball 5 II 
+ Novoflex Q-Base II

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