Bohnensack Podcast

06. Aug 2013

Was ist ein Foto wert? Mein teuerstes Foto und die Geschichte dahinter

Allgemein, Alpen, Berge, Berner Oberland, Säugetiere, Steinböcke, Tiere, Wildlife

 

Oftmals habe ich mich gefragt, wie weit ich bereit bin für ein Foto zu gehen. Was ist mir ein gutes Foto wert? Bei vielen meiner Reisen bin ich dafür gerne an meine eigene Grenze gegangen und habe gelegentlich einen Fuß darüber gesetzt. Dennoch habe ich nie ein Foto besonders teuer bezahlen müssen, weder mit meiner Gesundheit noch finanziell. Letzte Woche habe ich nun das wohl teuerste Foto meiner bisherigen Laufbahn gemacht und muss mich ausnahmsweise fragen, ob es das wert war? Hier also die Geschichte hinter dem Bild.
Alles begann in den Alpen, die ersten drei Tage waren die Bedingungen suboptimal. Ich hatte keine besonderen Lichtstimmungen und somit wurden die Bilder alle mehr oder weniger austauschbar. Doch dann kam endlich ein Wetterwechsel, ich sah ihn schon von weitem, eine Unwetterfront näherte sich und mein Niederschlagsradar zeigte beunruhigende Werte an. Da ich auf dem Gipfel keinerlei Schutz hatte, suchte ich mir zunächst einen sicheren Schutz. Der Sturm brach los und es gab einen Hagelsturm mit Gewitter, wie ich ihn noch nie erlebt habe, die Hagelkörner wurden Tischtennisball groß und binnen weniger Minuten lag auf dem Berg eine 3-4cm dicke Eisschicht aus Hagel. Das war der Moment zwischen zwei Unwetterfronten, den ich nutzen wollte. Sofort verließ ich meinen Unterschlupf und hatte vielleicht 30min Zeit, um ein besonderes Foto zu machen. Ich stieg wieder auf und betrachtete mein Umfeld genau und da sah ich eine große Herde Steinböcke. Nun hatte ich keine Zeit zu verlieren. Ein sagenhafter Steilhang mit neuer Unwetterfront dahinter und Steinbock darauf, das wäre genau meins. Doch zunächst musste ich mich unter die von mir vermutete Route der Steinböcke begeben. Eine sehr hastige Kletterpartie begann. Meinen Rucksack ließ ich weiter oben am Gipfel und kletterte lediglich mit Kamera und einem Weitwinkelobjektiv herab.
Während des sehr hastigen Abstiegs, im rutschigen und nassen Hang, zog ich mir zwei tiefe Schnittwunden in der rechten Hand zu, die ich zunächst nicht wahrnahm. Als ich meinen gewünschten Standort einnahm, war ich zu spät. 24 Tiere waren daran vorbeigelaufen und ich konnte nicht mein Foto machen. Ich fluchte innerlich und merkte jetzt erst die Schnitte in der Hand. Eigentlich wollte ich gerade wieder hinaufklettern und vor dem nächsten Unwetter Unterschlupf suchen, doch da hörte ich das Pfeifen, das ich so gut kenne, hinter mir. Der Warnpfiff eines Steinbocks. Ich konnte mein Glück kaum fassen, zwei Nachzügler standen dort, wo ich sie haben wollte und ich konnte mein Foto machen. Endlich hatte ich wieder das Gefühl, ich hätte wieder was im Kasten. Selten genug überkommt mich dieses Glücksgefühl und umso mehr schätze ich es. Nun hieß es wieder raus klettern und Schutz suchen. Als ich im Schutz meines Unterschlupfes meine Bilder schauen konnte, dachte ich mir, na das hat sich gelohnt! Zwei Schnittwunden für ein Abenteuer und ein gutes Foto, jederzeit gerne wieder!
Am nächsten Tag stieg ich komplett ab zu meinem Auto, um die Reise fortzusetzen und auf einem anderen Bergpass eine andere Tierart zu suchen. Am Auto angekommen ereilte mich der Schreck, ein Hagelschaden am gesamten Auto und ich fluchte innerlich. Dennoch wollte ich mich von diesem Ereignis nicht schocken lassen und fuhr los. Keine 15km weiter platzte mir auf einer schmalen Passstraße der Reifen und die Reise war für mich beendet. Ich wechselte den Reifen gegen einen Ersatzreifen und entschied, dass es keinen Sinn ergeben würde, sich weiter von zu Hause zu entfernen, wenn ich dann nur noch einen Reifen hätte, mit dem ich 80km/h fahren könne und so entschied ich mich die Heimreise anzutreten. Auf dieser fiel mein Navigationsgerät aus, sodass ich mich auf den kleinen Landstraßen in Frankreich hoffnungslos verfuhr. Ich war ja auch selbst schuld, wer hat denn die Idee eine Abkürzung ohne Navigationssystem oder Landkarte zu fahren. Nachdem ich todmüde zu Hause ankam betrachtete ich mein Bild und zog mein Fazit. Ich hatte zum ersten Mal im Leben ein anderes neues? Gefühl, das ich noch nicht kannte. Ein Gefühl, dass es sich für ein Foto nicht gelohnt hatte, die Strapazen und so viele Schäden auf sich zu nehmen. Die Strapazen und Abenteuer an sich, habe ich gerne auf mich genommen und sie haben Spaß gemacht wie immer, aber auf die Schäden hätte ich gerne verzichten können.
Aber urteilt selbst.

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