Bohnensack Podcast

17. Apr 2021

Gegenlicht, Lensflares, Unschärfekreise – Makro – Welches Objektiv?

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Der Abendtanz der Küchenschellen

Leute, es ist überhaupt nicht so einfach euch nicht wieder zu erzählen, dass es geil ist die ersten Frühblüher zu fotografieren. Hey, natürlich mache ich das Jahr für Jahr und ich liebe es. Die ersten Sonnenstrahlen, die ersten interessanten Pflanzenarten, die ersten Falter, wenn ich da nicht rausgehen würde, wäre ich als Naturfotograf ja ziemlich abgestumpft.

Ich weiß, ich bin verrückt, was ich an Objektiven, vor allem an Festbrennweiten zu den Frühblühern und Insekten schleppe ist zu viel und wenn ich probiere es mit der Seele der Objektive zu erklären, dann rümpfen viele von euch die Nase und sind der Meinung, alles sieht mit jedem Objektiv, genauso gut oder schlecht aus. Vermutlich hat der Radomir eben mehr Glück gehabt als ich. Den Unterschied zwischen Zoomobjektiven und Festbrennweiten im Nahbereich habe ich in den letzten Jahren mehrfach gezeigt. Zoomobjektive sind aus meiner Sicht nicht für den Nahbereich und für Makros geeignet. Nun ist mir aber aus Versehen ein kleiner Vergleich gelungen, der mir erst bei der Bildbearbeitung aufgefallen ist.

Zoomobjektive für Makros 

Zoomobjektive Bokehvergleich 

Der Vergleich zwischen den Objektiven wird hier anonymisiert, da ich mir sicher bin, jeder muss seine Objektive selbst kennenlernen und wissen, wann Sie in welchem Moment passen. Es sind nur Bilder, um meine Worte ein wenig zu unterstreichen. Ihr könnt euch vorstellen, ich habe oft 4,5 Objektive nebeneinander liegen, um im richtigen Moment binnen Sekunden wechseln zu können, denn Pflanzenfotografie ist Actionfotografie. Oft ist das Licht nicht einmal 5min perfekt und dann muss der Schuss im Kasten sein. Aus diesem Grund liegen die Objektive alle ohne Frontdeckel mit Streulichtblende schussbereit und ich wechsle auf Grund der folgenden Faktoren meine Linsen: Abstand zum Motiv, Winkel zum Motiv, Form der Unschärfekreise, Streulichtanfälligkeit, Ausprägung der Lensflares, Freistellung, Brennweite und natürlich Schärfe und optische Leistung. Mein Lineup umfasst an der Stelle Objektive der Brennweiten 21mm, 35mm, 85mm, 100mm, 135mm, 150mm, 180mm, 200mm, 400mm. Manche Brennweiten doppeln sich auch, auf Grund der oben genannten Eigenschaften. Meistens habe ich diese Objektive auch alle oder fast alle dabei, da ich nie genau weiß für welche Pflanze on Location ich mich entscheide.

 

Making of, ein Objektiv liegt schussbereit auf Distanz, das andere wird gerade eingesetzt.

Über die Jahre kenne ich meine Objektive und es gibt bestimmte Objektive, die ich in bestimmten Situationen einsetze. Ein einfaches Beispiel, das Sigma 180mm 2,8 Makro OS ist optisch um Welten besser und stellt besser frei als das Sigma 150mm 2,8 Makro. Das 150er ist aber bei direktem Gegenlicht gefälliger was das Streulicht angeht. Das Canon 200mm 2,0 L IS stellt nochmals deutlich schöner frei als das Sigma 180mm 2.8 Marcro, hat aber mit 1,9m eine nur bedingt geeignete Naheinstellgrenze. Das heißt vor Ort ganz einfach, wenn das Motiv zu klein ist für das 200er, nehme ich eben das 180er. Ist jetzt das Gegenlicht zu hart, sind die Lensflares des 180mm nicht zu ertragen und ich nehme das 150er, da das schönere Lensflares erzeugt. Komme ich aber von der Motivgröße mit dem 200mm 2,0 aus, nehme ich dieses, da mir der Bildlook am besten gefällt. Natürlich weiß ich das nicht, weil es in den Spezifikationen des Herstellers steht. Leider wirbt Sigma auch nicht mit „Das Sigma 180mm 2,8 OS Macro zeichnet sich durch hässliche Lensflares aus.“ Gleichzeitig lautet der Werbeslogan des Sigma 150er nicht „Optisch maximal mäßig, dafür aber ein Hammer Lensflare“. Das bedeutet, das Gefühl, wann welches Objektiv die richtige Wahl ist, bekommt Ihr nur raus, wenn Ihr mit eurem Objektiv fotografieren geht und euch merkt, wann eure Objektive das abliefern, was euch persönlich gefällt und das ist natürlich subjektiv. Ganz wichtig an der Stelle, jede Version eines Objektives unterscheidet sich auch von den optischen Eigenschaften von Generation zu Generation. Wenn es also drei Versionen gibt, werden sich alle deutlich unterscheiden. So neigte z.B. das Canon EF 300mm 2,8 L IS Version I dazu im oberen Bildbereich einen abgeschnittenen Lensflare zu produzieren, der einfach unschön war. Das Canon EF 300mm 2,8 L IS II zeigt hingegen hat einen cremigen Lensflare nahe der Perfektion.

Ihr merkt dieses Thema ist nicht auf den Punkt zu bringen, sondern eigentlich ein Thema für ein Glas Rotwein oder ein Glas kalte Milch mit Kuchen an einem schönen Abend. Nun ist es mir aber doch gelungen, das Ganze in drei Bilder zu packen. Das ist dem geschuldet, dass ich oft den ganzen Abend nur ein Motiv fotografiere, also wirklich ein Exemplar einer Pflanzenart. Die Bilder sind im Abstand von etwa 20min entstanden und natürlich musste ich den Winkel und Abstand variieren, da sich die Brennweite unterscheidet.

 

Bild 1

Die erste Aufnahme ist beim härtesten Licht entstanden, da für den Lensflare ein hartes Gegenlicht benötigt wurde. Dabei wäre das Bild mit den beiden anderen Objektiven ein flaues gelb/weiss geworden auf dem man nichts erkennen kann. Mit dem gewählten Objektiv ist der Lensflare jedoch schön rot/orange. Leider musste ich für den Lensflare eine etwas höhere Kameraposition wählen, wodurch in der Schärfeebene ein Paar Grashalme sichtbar werden, die ich eigentlich nicht auf dem Bild zeigen wollte. Zudem sind die Unschärfekreise bei diesem Objektiv nicht perfekt rund.

 

Bild 2

Bei der zweiten Aufnahme kam eine etwas kürzere Brennweite zum Einsatz. Das Licht ist sanfter und das Gegenlicht weniger stark ausgeprägt. Das Objektiv ist eine Blende lichtstärker. Dabei ist es leider deutlich Streulichtanfälliger, weshalb ich es erst bei sanfterem Licht einsetzen konnte. Dennoch bildet sich oben rechts noch ein Lensflare mit einer unschönen Abbruchkante, der jedoch so dezent ist, dass ich ihn gerade so toleriere. Die Grundschärfe dieses Objektives ist wesentlich besser und durch die schnelleren Verschlusszeiten kann ich auch in der Dämmerung oft die ISO bei 100 belassen. Gleichzeitig sieht man gut, dass die unscharfen Küchenschellen im Vordergrund deutlich weicher sind (trotz kürzerer Brennweite).

 

Bild 3

Die letzte Aufnahme wurde ohne direktes Sonnenlicht aufgenommen, die Sonne war gerade verschwunden, die Küchenschelle leuchtet in der Dämmerung. Dank der längeren Brennweite kann ich die störenden Grashalme aus Bild 1 + 2 fast komplett ausblenden. Gleichzeitig strahlt das Bild durch die extreme Freistellung eine sehr angenehme Harmonie und Ruhe aus.

Meine Vermutung ist, dass das erste Bild beim Publikum am besten ankommt, obwohl es von der Qualität (Schärfe), der Freistellung und der Harmonie am schlechtesten ist. Dafür hat es einen poppigen Lensflare und ein recht hartes Gegenlicht. Sollte dem so sein, so erzeugt, das objektiv schlechteste Bild, die beste Wirkung beim Betrachter. Womit wir feststellen müssen, die reine, optische Leistung eines Objektives ist nicht alles.

Vielleicht sehr Ihr nun besser, welche Gedanken und Aufwand hinter meinen Pflanzenfotos stecken und regt euch dazu an, ein wenig mit euren Objektiven zu experimentieren. Viel Spaß mit den Frühblühern!

 
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