08. Jul 2021
Erfahrungsbericht, Fototechnik, Makro, Objektivtest
Canon RF 100mm 2.8 L IS USM Macro links und das EF-Pendant rechts.
Einleitung:
Es gibt nicht viele Objektive, über die ich Zeit ihres Lebens nur Positives berichten kann. Das Canon EF 100mm 2.8 L IS USM Makro ist ein solches Objektiv. Es ist aus meiner Sicht perfekt: klein, leicht, scharf, schnell, guter IS, geil bei Gegenlicht und dazu mit einer Stativschelle ausgestattet. Das Canon EF 100mm L IS Makro hat mich inzwischen gute 11 Jahre begleitet und nun ist es so weit, das Canon RF 100mm 2.8 L IS USM Makro hat seinen Weg zu mir gefunden. Es ist also bei mir das Ende einer Ära.
#Transparenz: Die RF Variante des 100mm Makros ist eine Leihstellung und eine Vorserie von Canon. Mein eigenes Exemplar ist wie immer bei AC-Foto bestellt und wird mit Sicherheit in den kommenden Wochen seinen Weg zu mir finden. Der Neupreis liegt bei 1549 EUR.
Insgesamt ist dieser Blogeintrag eher ein Vergleich zwischen der EF und der RF Variante. Natürlich wird es in ein bis zwei Jahren einen entsprechenden Langzeiterfahrungsbericht von mir geben.
Erster Eindruck, Gewicht und Größe:
Der erste Eindruck ist durchweg positiv, gut verarbeitet und es ist einiges neu. Canon hat dem RF 100mm einen Control Ring verpasst. Die Schalter sind generell näher ans Bajonett gerückt, was ich persönlich angenehm finde.
Gleichzeitig gibt es einen SA-Control Ring, der über eine Lock Taste arretiert werden kann. Einen IS on/off-, einen AF on/off- und einen Fokusbereichbegrenzungsschalter.
Im ersten Moment hat man das Gefühl, dass die RF Variante länger ist als die EF Variante und das Gewicht scheint identisch.
Tatsächlich ist das Canon RF 100mm Makro im Vergleich zum Canon EF 100mm Makro mit angesetztem EF/RF Adapter minimal kürzer (2-3mm). Das neue Canon RF 100mm Makro wiegt 710 Gramm, während das Alte 675 Gramm ohne Adapter und 784 Gramm mit EF-RF Adapter auf die Waage bringt. Zum Gewicht mit Stativschelle kann ich noch nichts sagen, da ich diese noch nicht erhalten habe.
Was wirklich auffällt ist die deutlich kürzere Streulichtblende beim neuen RF Makro, warum diese gekürzt wurde, weiß ich nicht. Den Einfluss auf die Streulichtanfälligkeit kann ich noch nicht beschreiben.
Canon RF 100mm 2.8 L IS USM Macro links und das Canon EF 100mm 2.8 L IS Macro rechts.
Links sieht man die neue Rücklinse des Canon RF 100mm Makro.
Focus by Wire:
Wie alle neuen RF Objektive wird das RF 100mm Macro per Focus by Wire betrieben. Das bedeutet ein Motor steuert den manuellen Fokus an und es gibt keine mechanische Übersetzung mehr. Beim Canon RF 85mm 2.0 Makro hasse ich dies, da ich von der Unendlichkeitseinstellung bis zur Naheinstellgrenze gut 13sek am Fokusring drehen muss. Wenn man bedenkt, dass ich morgens oft nur 60-120sek gutes Licht habe, dann sind 13sek eine Ewigkeit. Beim neuen Canon RF 100mm habe ich das Gefühl, dass die Focus by Wire Einstellung besser ist und auch sehr feinfühlig arbeitet. Ob dies auch im Winter mit Handschuhen gut geht, werden wir in meinem Langzeiterfahrungsbericht lesen, ich bin gespannt. Zusammenfassend kann ich sagen, ich habe hierzu keine Aussage getroffen.
Generell ist das neue RF Makro wesentlich schneller geworden was den AF angeht und ist aus meiner Sicht auch für Portraitfotografie bestens geeignet.
SA Control Ring:
Die größte Neuerung des Canon RF 100mm 2.8 Macro L IS USM ist der SA Control Ring. Haben wir alle darauf gewartet? Was macht überhaupt ein SA Control Ring?
Noch konnte ich mit keinem Ingenieur darüber sprechen, aber ein wenig erinnert mich der SA Control Ring an die früheren 135mm Softfocus Objektive von Canon und Nikon. Also zur Konstruktion kann ich noch keine Aussage treffen.
(Wie sinnlos ist eigentlich ein Blogartikel mit so vielen offenen Fragen? Ihr solltet euch bei der Redaktion beschweren! 😉 )
Den SA Control Ring könnt Ihr von – 4 bis + 4 drehen und bei 0 gibt es eine Rasterung, sodass Ihr wisst, wann ihr auf Null gedreht habt. Gleichzeitig kann man den SA Control Ring per Lock Taste arretieren bei +/- 0.
Was macht der SA Control Ring? Er kontrolliert die SA. (Erklärvideo 😀 )
SA steht für Spherical Aberration Control. Das bedeutet wir können Einfluss auf die Charakteristika des Bokehs nehmen.
Wenn Ihr den SA Control Ring in Richtung + 4 dreht, dann verändert sich der Hintergrund und die Unschärfekreise bekommen eine harte Kante ähnlich eines Trioplan Objektives. Gleichzeitig wird das gesamte Bild weicher.
Wenn Ihr den SA Control Ring in Richtung – 4 dreht, dann verändert sich vor allem der Vordergrund, gleichzeitig wird der Hintergrund weicher und es entsteht eine Art Swirl Effekt.
Wichtig dabei ist zu bedenken, dass die Schärfe hierdurch massiv beeinträchtigt wird. Gleichzeitig wird der Bildausschnitt leicht beeinträchtigt, als ob sich die Brennweite etwas verändert.
SA Control +/- 0
SA Control – 4
SA Control + 4
Makrofähigkeiten:
Ebenfalls neu ist, dass das Canon RF 100mm Makro einen maximalen Abbildungsmaßstab von 1,4:1 erreichen kann, das Canon EF 100mm Makro hingegen nur 1:1. In der Praxis ein super Feature, da nun keine Zwischenringe oder Extender mehr benötigt werden, um diesen Abbildungsmaßstab zu erreichen. Wichtig zu erwähnen dabei ist, dass man am Canon RF 100mm Makro KEINE Extender einsetzen kann, da die Rücklinse sehr nah am Sensor sitzt. (Auch am EF konnte man keine Extender verwenden, es hat sich also nichts verändert.)
Sehr interessant ist die Arbeitsentfernung, beim Canon EF 100mm Makro beträgt die Naheinstellgrenze bei 1:1 etwa 13,5cm (Entfernung zur Frontlinse), beim Canon RF 100mm Makro muss ich mich etwa 2cm stärker nähern. Also auf 11,5cm Abstand Frontlinse Motiv, für den gleichen Abbildungsmaßstab 1:1. Das sind immerhin 15% Unterschied.
Gleicher Arbeitsabstand, oben Canon RF 100mm Makro und unten Canon EF 100mm Makro
Optische Leistung:
Die optische Leistung des Canon EF 100mm L IS war hervorragend und die des Canon RF 100mm L IS ist ebenfalls hervorragend. In der Bildmitte hatte ich bei einem ABM < 1:5 bei manchen Bildern das Gefühl, dass das EF Objektiv minimalst schärfer ist. An den Bildrändern sieht das RF 100mm besser aus. Im absoluten Nahbereich bildet das Canon RF 100mm besser ab als das Canon EF 100mm.
Gleichzeitig zeigt das Canon RF 100mm Makro weniger Chromatische Aberrationen als die EF Variante, wobei man dazu sagen muss, dass beide hier hervorragend korrigiert sind.
Zu guter Letzt ist mir aufgefallen, dass die Farbwiedergabe des RF Objektives etwas kühler ist als bei der EF Variante, die etwas wärmer ist.
Zusammenfassend ist die optische Qualität der beiden Varianten sehr nah beieinander, mit Vorteilen im Randbereich und im absoluten Nahbereich bei der RF Variante.
UPDATE: heute habe ich mein Serienexemplar von AC-Foto zugesendet bekommen, hier ist der Unterschied in der Bildqualität deutlich größer zu Gunsten des RF Objektives. Konkret sind die Bildecken/Bildränder durchgehend deutlich schärfer als bei der EF Variante. In der Bildmitte sind beide Exemplare nach wie vor nah beieinander.
Abbildungsmaßstab 1:1 Motiv
Vergleich bei 100% Vergrößerung
Unschärfekreise und Gegenlicht:
Zum Thema Gegenlicht kann ich noch viel zu wenig sagen, deshalb keine Aussage. Zu den Unschärfekreisen jedoch sehr wohl, in der Bildmitte empfinde ich die Unschärfekreise der EF Variante als minimal runder und größer. Zu den Bildecken hin, neigt das EF Objektiv deutlich zu so genannten Katzenaugen. Auch das RF Makro zeigt Katzenaugen in den Bildecken, jedoch nicht ganz so stark ausgeprägt wie das EF Objektiv.
Fazit:
Kopf an Kopf Rennen. Das RF Objektiv hat in der Praxis einige Vorteile:
Ich sehe den Vorteil vor allem darin, dass ich seltener Zubehör, wie Zwischenringe und/oder Extender benötige wegen dem größeren max. Abbildungsmaßstab und gleichzeitig neue Bildideen mit dem SA Control Ring realisieren kann, ohne dass ich ein zusätzliches Objektiv benötige. Es ist also gerade was das Gewicht in der Fototasche angeht ein Vorteil. Gleichzeitig wird das RF 100mm Makro bei einem nativen Abbildungsmaßstab von 1,4:1 deutlich besser Abbilden als das EF 100mm mit Zubehör.
Am Ende kann man mit beiden Objektiven Bilder auf top Niveau abliefern. Es liegt also an euch.
SA Control +/- 0
SA Control – 4
SA Control + 4
Schärfevergleich SA Control bei 100%
Da ich einige Frage zum Schärfeverlust durch die SA Control bekommen habe, hier noch eine Anmerkung. Die Frage die zur Diskussion steht lautet: Ist SA Control sinnvoll oder unbrauchbar wegen des Schärfeverlustes?
Aus meiner Sicht ist SA Control sehr gut einzusetzen, da die Details im Bild vorhanden sind, sie müssen nur entsprechend ausgearbeitet werden. Das bedarf in der Bildausgabe einfach einer anderen Ausarbeitung, als es Adobe Photoshop Lightroom automatisch tun würde. Aus diesem Grund hier nochmal die beiden Bildern, einmal Standard Verkleinerung von Adobe und einmal durch mich verkleinert binnen 10sek. (Wenn man hier ein wenig Zeit in die Bearbeitung investiert ist noch viel mehr möglich.) Sprich aus meiner Sicht ist die Spherical Aberration Control einsetzbar.
Schärfung durch mich
Standard Schärfung Adobe
Update 2:
Nachdem mich viele Fragen erreicht haben zum Thema Fokus Stacking, anscheinend gibt es ein Youtube Video, das behauptet Fokus Stacking sei nicht möglich mit der R5 + Canon RF 100mm Macro. Dem ist nicht so. Focus Stacking ist sowohl abgeblendet als auch bei Offenblende problemlos möglich.
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